Quelle
Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde.
In Verbindung mit Geh. Hofrath Professor Dr. Leuckart in Leipzig und Professor Dr. Loeffler
In Greifswald herausgegeben von Dr. Oscar Uhlworm in Cassel
Erste Abteilung. XVII. Band.
Mit 9 lithographischen Tafeln und 87 Abbildungen im Texte.
Jena, Verlag von Gustav Fischer. 1896,
Ein Apparat zur Gewinnung klaren Agars ohne Filtration.
Von
Dr. Max Bleisch,
Kgl. Kreis-Physikus zu Cosel, O/Schl.
Dem, der sich häufiger und eingehender mit bakteriologischen Arbeiten beschäftigt, drängt sich mit der Zeit infolge übler Erfahrungen unwillkürlich der Wunsch auf, mit selbstbereiteten Nährböden zu arbeiten. Bei noch so sorgfältiger Zubereitung sind Schwankungen in der Zusammensetzung derselben in der Reaktion etc. bei verschiedenen Herstellungsserien unvermeidlich, die, an sich klein, immerhin aber geeignet sind, gewisse Abweichungen vom Gewöhnlichen in der kulturellen Erscheinung der gezüchteten Bakterien zu zeitigen; und diese Abweichungen führen leicht zu falschen Schlüssen, wenn man, wie bei Benutzung nicht selbstbereiteter Nährböden, Material und Art der Herstellung nicht kennt. Ja schon die Vorstellung allein, daß es so sein könnte, erweckt beim Arbeiten mit gekauften Nährböden ein unwillkommenes Gefühl der Unsicherheit. Ich pflege deshalb mir alle meine Nährböden selbst zu bereiten. Während die Herstellung von Gelatine, Blutserum etc. verhältnismäßig einfach ist und besondere Schwierigkeiten nicht macht, stellt diejenige von Agargemischen sehr hohe Anforderungen an die Geduld und Ausdauer des Herstellers. Aus diesem Grunde habe ich seit Jahren mit Vorliebe die mir bekannt werdenden Vorschläge geprüft, welche geeignet erschienen, diese Arbeit zu erleichtern. Im großen und ganzen konzentrieren sich die Schwierigkeiten der Agarbereitung bekanntlich auf das Filtrieren derselben, da Agar rasch gerinnt und, einmal geronnen, besonders in größeren Mengen nicht sobald wieder flüssig gemacht ist Die Filtration muß deshalb, wie ebenfalls bekannt, entweder im Dampfkochtopfe oder im Heißwassertrichter vorgenommen werden, und auch dann ist und bleibt sie eine mühselige Operation, ganz abgesehen davon, daß leicht von dem überlaufenden Wasser des Heißwassertrichters oder von dem, sei es am Trichter, sei es am Deckel und an den Wänden des Dampfkochtopfes sich niederschlagenden Kondensationswasser etwas in das Agar gerät und dieses verunreinigt. Ich habe deshalb wiederholt versucht, die Filtration des Agars dadurch zu umgehen, daß ich, nachdem das Gemisch soweit fertig gestellt war, dasselbe nach dem Vorschlage von A. Fränkel [1] in hohen Gefäßen bei einer Temperatur von 50-60° C absetzen ließ und dann die über dem Sedimente stehende Flüssigkeit mit der Pipette oder dem Heber abnahm. Auf diese Weise gelang es mir wiederholt, besonders wenn das Agar vor dem Absetzen genügend lange gekocht worden war, einen Teil desselben in klarem und brauchbarem Zustande zu gewinnen. Immerhin ist die Handhabung des Hebers wie die der Pipette eine unbequeme und unsichere. Leicht gerät während der Prozedur etwas von dem Sedimente in die abgenommenen Mengen, entweder dadurch, daß dasselbe durch das wiederholte Eintauchen der Pipette oder durch nicht ruhige Führung des Hebers aufgerührt wird, oder dadurch, daß es, durch die sich allmählich an der Oberfläche abkühlende und infolgedessen nach dem Boden des Gefäßes sich senkende Flüssigkeit verdrängt, sich in die oberen Teile desselben begiebt.
Auch der Versuch, die Flüssigkeit in einem sogenannten Scheidetrichter absetzen zu lassen und alsdann durch Oeffnung des Hahnes das Sediment zu entfernen, führte nicht zum gewünschten Resultate, besonders dann nicht, wenn das Sediment einigermaßen umfangreich war; denn dann gelangten die Reste der außerhalb der Achse des Flüssigkeitsstromes liegenden Teile des Sedimentes erst gleichzeitig mit den Resten des klaren Inhalts des Trichters zum Abfluß und alle Mühe war umsonst gewesen.
Zur Vermeidung derartiger übler Zufälle habe ich einen Apparat zusammenstellen lassen, der vom gewöhnlichen Scheidetrichter im Prinzip sich dadurch unterscheidet, daß er gestattet, die klar gewordene Flüssigkeit ohne wesentliche Beunruhigung des Sedimentes und ohne Entleerung desselben zu entnehmen. Der Apparat [2] besteht im wesentlichen aus einem länglichrunden, ca. 2 Liter haltenden, oben und unten je einen Tubus tragenden Glasgefäße, dessen unterer Tubus durch einen mittels einer Klammer festgehaltenen, durchbohrten Gummipfropfen verschlossen ist. Durch die Oeffnung des Pfropfens führt in den Innenraum des Gefäßes ein dicht anliegendes, aber doch verschiebbares Glasrohr, welches so weit aus dem unteren Tubus hervorragt, daß man es bequem anfassen kann. Sein unteres Ende wird behufs ruhigerer Führung von einer durchbohrten und am Apparate befestigten Messingplatte gestützt. Das Ganze wird durch ein Holzgestell getragen, welches gestattet, den Apparat leicht und sicher in dasselbe einzuhängen und ihn bei Bedarf auch wieder herauszunehmen. Vor dem Gebrauche stößt man das durch den Gummipfropfen führende Glasrohr möglichst hoch in das Gefäß hinauf, dichtet alsdann den unteren Verschluß des Gefäßes durch Anziehen der Klammer, überzeugt sich durch vorheriges Eingießen von warmem Wasser von der genügenden Dichtigkeit des Verschlusses und füllt, nachdem das Wasser wieder entfernt worden ist, mittels eines Trichters von oben her das Gefäß mit dem zu klärenden Agar so weit, daß das obere Ende des Glasrohres über dem Niveau der Flüssigkeit bleibt. Hierauf bringt man das Ganze in den auf 50-60° C eingestellten Brütschrank. Nachdem die Absetzung des Sedimentes erfolgt ist, was dann rascher und prompter erfolgt, wenn man zur Neutralisation nicht Natr. carbonicum, sondern nach Neißer und Jacobi [3] Natr. phosphoricum (Trinatriumphosphat) benützt und danach genügend lange gekocht hat, nimmt man den Apparat vorsichtig aus dem Brütschranke heraus, stellt ihn so hoch, daß das Glasrohr frei nach unten bewegt werden kann, befestigt an das untere Ende desselben einen Schlauch mit Klemmhahn und zieht das Glasrohr langsam und vorsichtig so weit nach abwärts, daß sein oberes Ende einige Centimeter weit untertaucht; alsdann öffnet man den Quetschhahn und entleert die dem Schlauche entströmende klare Flüssigkeit in ein untergehaltenes Gefäß. Sobald die Flüssigkeit (infolge von Senkung des Flüssigkeitsspiegels unter das Niveau des oberen Endes des Glasrohres) aufhört, zu laufen, schließt man den Quetschhahn, zieht das Rohr wiederum einige Centimeter herab, öffnet den Quetschhahn und so fort, bis die sämtliche klare Flüssigkeit abgezogen ist. Mitunter geschieht es, daß während des Herabziehens des Glasrohrs Sediment zwischen Glasrohr und Pfropfen nach außen dringt, doch ist dies so unbedeutend, daß es durch Umlegen von hydrophiler Watte um den unterhalb des Gefäßes befindlichen Teil des Glasrohres leicht von dem die klare Flüssigkeit aufnehmenden Gefässe abgehalten werden kann. Wegen des relativ größeren Verlustes von Material empfiehlt es sich nicht, den Apparat kleiner zu wählen, als angegeben.
Cosel, 9. Februar 1895.
Fußnoten
- A. Fränkel, Bakteriologische Mitteilungen. I. Teil.
(Zeitschr. f. klin. Med. Bd. X. 1886. Heft 5 u. 6.)
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[Zurück zum Text] - A. Neisser und Ed. Jacobi, Kl. Beiträge zur
bakterioskopischen Technik. (Centralbl. f. Bakt. u. Paras.
Bd. III. 1888. No. 16 u. 17.)
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